Patienten mit einer Harnröhrenstriktur, einer Harnröhrenverengung durch Narbengewebe im Harnleiter, können durch Tissue Engeneering therapiert werden. Das Verfahren ermöglicht eine partielle Transplantation der eigenen Mundschleimhaut durch künstlich gezüchtete Zellen. Eine Harnröhrenverengung erleiden jährlich 5000 – 6000 Patienten. Die Harnröhrenstriktur, medizinisch ausgedrückt, gleicht der Verengung in Herzkranzgefäßen. Eine Harnröhrenverengung verursacht Schmerzen beim Urinieren. Je länger die Harnröhrenstriktur nicht behandelt wird, desto schlimmer werden die Symptome.
Erkrankungen des harnableitenden Systems: Harnröhrenstriktur und Harnleiterverlust
Unter Schmerzen beim Urinieren leiden nicht nur Patienten mit einer Harnröhrenstriktur, sondern auch Patienten mit einem Harnleiterverlust durch Krebs oder Traumata. Prof. Dr. med. Dirk Fahlenkamp, Chefarzt der Urologischen Klinik in den Zeisigwaldkliniken Bethanien Chemnitz, spricht von über 100 Therapiemöglichkeiten für Harnröhrenstrikturen und Harnleiterverluste. Durch die hohe Anzahl der Therapiemöglichkeiten wird deutlich, dass keine der Therapien in jedem Falle wirksam ist. Welche Therapie eine Harnröhrenstriktur oder einen Harnleiterverlust am besten kuriert, sollte im Einzelfall von einem Facharzt entschieden werden.
Therapie der Harnröhrenstruktur durch Mundschleimhauttransplantat
Von jährlich 50.000 medizinischen Eingriffen an der Harnröhre, werden 5000 – 6000 wegen Harnröhrenstrikturen vorgenommen. Männer sind durch die Harnwegerkrankung häufiger betroffen als Frauen. Die gängigste Behandlungsmethode einer Harnröhrenstriktur, mit 30 prozentigem Anteil an allen angewendeten Behandlungsmethoden, ist die operative Einbringung eines Mundschleimhauttransplantats. Bei dieser Methode wird dem Patienten ein größerer Teil der eigenen Mundschleimhaut operativ entnommen und an der verengten Stelle der Harnröhre implantiert. Diese Methode ist für den Patienten eher unangenehm, da der entnommene Teil der Mundschleimhaut nachwachsen muss.
Tissue Engeneering hingegen benötigt für eine Mundschleimhauttransplantation eine deutlich kleinere Zellprobe aus der Mundschleimhaut entnommen. Durch das innovative Tissue Engeneering des biologischen Technologieunternehmens UroTiss, ist es möglich dem Patienten unnötiges Leid zu ersparen. Die entnommene Zellprobe der Mundschleimhaut hat die Größe eines Viertels einer 1-Cent-Münze. Diese Gewebemenge reicht für die Züchtung des Transplantates für die Behandlung einer Harnröhrenstriktur aus. Dieses Verfahren bietet den Vorteil, dass die Zellentnahme ambulant unter örtlicher Betäubung erfolgen kann. Die Entnahme selbst ist weitestgehend schmerz- und komplikationsfrei. Deutschlandweit gibt es schätzungsweise 3000 Patienten, welche von der zugelassenen Therapiemöglichkeit und dem neuen Ersatzgewebe profitieren können.
Autologes Zelltransplantat der Mundschleimhaut verkürzt Verweildauer in der Klinik
Zur Züchtung des Transplantats werden lediglich 0,4 bis 0,8 Quadratzentimeter der Mundschleimhaut benötigt. Nach der Einsendung der Zellprobe werden Mundschleimhautzellen isoliert und auf der Oberfläche einer biologischen Trägersubstanz kultiviert. Das autogene Ersatzgewebe wächst dann innerhalb von 21 Tagen in hoch standardisierten Reinraumlaboratorien (GMP-Standard) auf die erforderliche Größe. Im nächsten Schritt wird das Transplantat durch weitere Methoden analysiert und spezifiziert. Es befindet sich dann auf einer Collagen-Matrix, welche als Trägermedium fungiert. Danach wird das Transplantat steril verpackt und zur entsprechenden Klinik gesendet. Die Transplantation selbst dauert bloß 1,5 Stunden. Operierende Ärzte entfernen die betroffene vernarbte Stelle und ersetzen sie durch das Transplantat. Die Trägersubstanz wird innerhalb von vier bis acht Wochen im Körper abgebaut. Patienten bleiben nach der Operation zwischen drei und fünf Tagen zur Nachbeobachtung in der Klinik. Es ist ein unkomplizierter Eingriff, welcher mit wenigen Risiken verbunden ist.
Funktionsfähiges Harnröhrengewebe wächst aus Mundschleimhauttransplantat
Die Methode des Tissue Engeneering ist in Deutschland rechtmäßig. Das gezüchtete Ersatzgewebe kann von Patienten in spezialisierten Kliniken zur Verfügung gestellt werden. Erste Studien des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (Urology 78 (Supplement 3A), welche die Daten von sechs Patienten umfassen, haben ergeben, dass sich das Mundschleimhauttransplantat innerhalb kürzester Zeit in das umgebende Gewebe einfügt und sich zu neuem funktionsfähigem Harnröhrengewebe entwickelt.
Da die vollständige Entnahme des Mundschleimhauttransplantats bei Patienten mit Harnröhrenstriktur schmerzhaft, langwierig und kostenintensiver ist, erscheint die Behandlung mit einem autologen Zelltransplantat als attraktive Alternative. Diese Behandlungsmethode kostet nicht nur weniger, sondern sie verursacht weniger Schmerzen und führt zu einer kürzeren Patientenaufenthaltsdauer im Krankenhaus. Prof. Dr. med. Dirk Fahlenkamp findet die Ergebnisse des Eingriffs mit einem gezüchteten Transplantat vielversprechend. Forschende Mediziner sind davon überzeugt, dass Patienten mit einer Harnröhrenstriktur durch das gezüchtete Transplantat einer Mundschleimhaut auch langfristig geheilt sind.